Synagoge, Beth Knesseth

Das Wort "Synagoge" stammt aus dem Altgriechischen und bedeutet Zusammenkunft. Die hebräische Bezeichnung dafür lautet Beth Knesseth (Haus der Zusammenkunft). Es ist der Ort, an dem sich Juden seit über zweitausend Jahren treffen, um zu lernen, miteinander zu sprechen, zu feiern, vor allem aber dient die Synagoge dazu, miteinander Gottesdienst zu halten.

Seit dem Mittelalter war in Deutschland die Bezeichnung "Schul" für die Synagoge gebräuchlich. Vor allem seit Martin Luther, der in seiner Bibelübersetzung konsequent Synagoge immer mit Schule übersetzte, ist der Ausdruck "der Juden Schule" als "Judenschul" eingebürgert.

Die Synagoge ist das Zentrum des Gemeindelebens. Ihr sind weitere Gemeindeinstitutionen wie das Rabbinat und das schulische Erziehungswesen angeschlossen.

Erster und Zweiter Tempel (Tempelkult)

Ursprünglich hatten die noch nomadisch lebenden Israeliten temporäre Opferaltäre für die religiösen Rituale. Erst König Salomo ließ im 10. Jahrhundert v.d.Z. in Jerusalem auf dem Berg Moria den Ersten Tempel errichten, also an der Stelle, an der Abraham seinen Sohn Isaak opfern sollte. Seit dem Bau des Ersten Tempels trägt der Berg den Namen Tempelberg. Der prachtvolle Tempel wurde 587/586 v.d.Z. durch die Babylonier zerstört. Der Zweite Tempel entstand nach der Rückkehr aus der babylonischen Gefangenschaft 520 – 516 v.d.Z. Er wurde mehrfach umgebaut (zuletzt unter König Herodes). Der Zweite Tempel war wesentlich schlichter und wurde 70 n.d.Z. von den Römern zerstört. Damit endete gleichzeitig der bisher praktizierte Tempelkult, in welchem der Opferkult im Mittelpunkt der Gottesverehrung stand. Die Darbringung der Opfer war nicht von der Anwesenheit einer Gottesdienstgemeinde abhängig. Der Opferdienst wurde vielmehr für die Laien unsichtbar durch die Priester vollzogen. An der Spitze der Tempelhierarchie stand der Hohepriester, zu seiner Seite standen die Priester des erblichen Priesteradels (Cohanim). Die niederen Tempeldienste waren Aufgabe der Leviten.

Entstehung der Synagogen

Der jüdische Gottesdienst ist nicht an geweihte Stätten gebunden. Grundsätzlich kann jeder Raum als Synagoge dienen: Würde und Weihe erhält er durch den Vollzug des Gottesdienstes. Stilistische Vorschriften für den Bau einer Synagoge sind dem Judentum fremd. Die Bauten passen sich in der Regel den örtlichen Gegebenheiten und dem jeweiligen Zeitgeschmack an. Die Ortung der Synagoge im Zusammenhang mit der Gebetsrichtung war ursprünglich recht variabel, so gab es anfänglich auch Bethäuser, die nach Süden oder Westen ausgerichtet waren. Allmählich bildete sich jedoch der Brauch, in der Richtung nach Jerusalem zu beten. In der Diaspora setzten die Juden die Ausrichtung nach Jerusalem mit der Ausrichtung des Thora-Schreines und der Gebetsrichtung in Richtung Osten gleich, also in Richtung Sonnenaufgang. Doch auch eine Ortung in Richtung Südost ist häufig anzutreffen, da Jerusalem von Mitteleuropa aus im Südosten liegt. Auch die Synagoge in Haigerloch ist nach Südosten ausgerichtet.

Die ersten Synagogen sind wohl erst nach der Zerstörung des Ersten Tempels und der babylonischen Gefangenschaft entstanden. Sie haben die Juden auf ihrer Wanderung über die ganze Erde bis heute begleitet. Überall, wo sich Juden in ausreichender Zahl niederließen, haben sie aus eigener Initiative Synagogen errichtet.

Einrichtung der Synagoge

Unabdingbarer Bestandteil jeder Synagoge ist der Thora-Schrein, die Heilige Lade (Aron ha-Kodesch). In ihm werden die Thorarollen aufbewahrt, die zur Vorlesung ausgehoben werden. Er muss aus Sicherheitsgründen verschlossen sein. Ursprünglich hatte der Thora-Schrein keinen fest bestimmten Platz, allmählich wurde es jedoch gebräuchlich, dass er an der Ostwand der Synagoge angebracht ist. Er kann freistehend sein, oder in einer Wandnische oder Apsis untergebracht sein. Meist führen Stufen zum Thora-Schrein hinauf. Er ist von einem häufig sehr kostbar bestickten Vorhang (Parochet) verhüllt.

Zur Vorlesung der Thora nützt man einen erhöht stehenden Tisch, den Almemor. Der Begriff Almemor stammt aus dem Arabischen al-minbar (Kanzel), der hebräische Ausdruck lautet Bima. Er ist zumeist über Stufen an zwei Seiten zu erreichen. Er muss groß genug sein, um die Rollen darauf ausbreiten zu können. Er steht im allgemeinen erhöht und ist von einem Gitter umgeben. Ursprünglich in der Mitte des Betraumes befindlich, rückte der Almemor im Lauf der Zeit näher an den Thora-Schrein heran. Der Vorbeter benützt das Vorbeterpult (Amud) vor dem Thora-Schrein. Häufig befinden sich links und rechts vom Thora-Schrein mehrarmige Leuchter (Menorot).

Das Ewige Licht (Ner Tamid) wird bei der Einweihung der Synagoge, wenn die Thora-Rollen in den Schrein gelegt werden, entzündet. Meistens hängt es in der Mittelachse der Synagoge vor dem Thora-Schrein. Aus Gründen der Feuersicherheit konnte es auch in einer Nische in der Nähe des Eingangs angebracht sein. Für das Ewige Licht wird ganz über-wiegend Öl verwendet. In modernen Synagogen kann das Öl des Ewigen Lichtes auch durch elektrisches Licht ersetzt sein. Das Ewige Licht ist Zeichen der Anwesenheit Gottes und die vom göttlichen Wort ausgehende Erleuchtung.

Zur unerlässlichen Einrichtung einer Synagoge gehört auch die Beleuchtung, die trotz vorhandener Fenster auch während des Gottesdienstes am Tag aus Gründen der Feierlichkeit zu leuchten hat.

Ursprünglich gab es in den Bethäusern keine Sitzgelegenheiten, man saß auf dem Boden. Allmählich entwickelte sich ein loses Gestühl, das halbkreisförmig vor dem Vorleserpult stand und in Richtung des Thora-Schreins geortet war. Aus dem losen Gestühl wurde ein feststehendes. Seit dem 19. Jahrhundert sind feststehende Bänke allgemein üblich geworden. Es bildete sich eine Sitzordnung heraus, die sich an der Bedeutung und den Verdiensten der betreffenden Personen orientierte. Die Sitzplätze der Bänke wurden von der Gemeinde an einzelne Mitglieder oder Familien verkauft, verlost oder versteigert. Mit dem Aufkommen der Gebetbücher erhielten die Sitzplätze kleine pultförmige Ablagen, die auch zur Aufbewahrung der Gebetsmäntel (Tallit) und Gebetsriemen (Tefillin) dienen.

Den Betraum betritt man durch die Vorhalle mit einem Waschbecken, um sich vor dem Gebet die Hände zu waschen. In den Betraum selbst führen meist Stufen hinab, um symbolisch an Psalm 103,1 zu erinnern („Aus der Tiefe rufe ich Dich, o Herr!”). Männer und Frauen sind im Betraum getrennt. Waren die Frauen ursprünglich in einem Nebenraum oder im hinteren Teil des Betraums unter sich, so setzte sich in Mitteleuropa schließlich die Frauenempore (an der rechten und linken Längswand und an der rückwärtigen Wand) durch.

Die Einrichtung des Betsaales, der Thoraschrein, der Almemor und das Vorbeterpult werden, wenn sie beschädigt oder altersbedingt unbrauchbar geworden sind, aufbewahrt. Sie dürfen nicht zerstört werden. Sie können auch nicht verkauft werden. In Ausnahmefällen ist ein Verkauf möglich, wenn der Verkaufserlös für die Neuanschaffung desselben Einrichtungsgegenstandes verwendet wird.

Die Thora-Rollen werden von besonders qualifizierten Thora-Schreibern (Sofer) mit besonderer Tinte auf Pergament geschrieben. Unbrauchbar gewordene Thora-Rollen, Gebetbücher und andere Kultgegenstände werden nicht weggeworfen, sondern an besonderen Orten aufbewahrt (Genisa). Auch eine rituelle Bestattung in Gräbern war häufig üblich.

Hauptelemente des jüdischen Gottesdienstes

Der Gottesdienst kann nur stattfinden, wenn mindestens zehn erwachsene Männer sich zu ihm einfinden (Minjan).. Erwachsen ist jeder männliche Jude, der Bar Mizwa (Sohn des Gebotes, mithin 13 Jahre alt) ist. Da dem Judentum der Gebrauch von Glocken fremd ist, lief der "Schulklopfer" von Haus zu Haus, um die Gläubigen zum Gebet zu rufen.

Üblicherweise findet der Gottesdienst regelmäßig an jedem Tag morgens und nachmittags in der Synagoge statt (Mincha und Maariv). Am Sabbat und an Feiertagen werden in feierlicher Gebetsordnung bestimmte Abschnitte aus den Thorarollen vorgelesen. In verkürzter Form geschieht dies auch in den Morgengottesdiensten am Montag und Donnerstag (Schachrit). Hierzu wird die Rolle aus dem Schrein ausgehoben und feierlich vom Vorbeter zum Almemor getragen. Der gesamte Text der Thora-Rollen ist so eingeteilt, dass fortlaufend in jeder Woche ein Abschnitt (Sidra) vorgelesen wird. So wird mit den 52 Wochenabschnitten innerhalb eines Jahres einmal die gesamte Thora vorgelesen.

Jeder Wochenabschnitt ist in sieben Teile unterteilt, zu deren Vorlesung am Sabbat ein Gemeindemitglied oder ein besonderer Gast aufgerufen wird. Vor und nach der Vorlesung spricht der Aufgerufene einen Segensspruch. Aufgerufen zu werden ist eine besondere Ehre. Meist übernimmt jedoch der Vorbeter oder Kantor (Chasan) die Vorlesung, da diese in einem bestimmten Tonfall nach strengen Regeln erfolgt.

Die Schriftlesung aus der Thora und aus den Propheten wechselt mit Gebeten, Psalmen, Hymnen und Segenssprüchen. Dieser Wortgottesdienst ist die augenfälligste Ausprägung des jüdischen Gottesdienstes. Belehrung und wenige symbolische Handlungen vervollständigen den Gottesdienst.